Chao Li und Alexei Shirov brillieren
In der 3. Runde des GRENKE Chess Open kam es zu zahlreichen umkämpften Duellen. An den Livebrettern konnten sich nur Chao Li und Alexei Shirov durchsetzen, während es mit Gata Kamsky ein prominentes Opfer gab. Der 41-jährige Amerikaner verlor gegen den jungen Franzosen Bilel Bellahcene. Zahlreiche weitere Titelträger mussten zumindest einen halben Zähler abgeben. Vor der 4. Runde liegen noch 26 Spieler mit weißer Weste an der Spitze, von denen am Ostersamstag einige Großmeister gegeneinander antreten müssen.
Chao Li wird beim GRENKE Chess Open seiner Favoritenrolle bislang gerecht. Der 26-jährige Chinese legte mit drei glatten Siegen einen perfekten Start hin. In der 3. Runde bekam es die Nr. 15 der Weltrangliste mit dem aufstrebenden Großmeister Jan-Christian Schröder zu tun. Während der junge Deutsche seine Chancen am Damenflügel suchte, konzentrierte Chao Li sein Kräfte am Königsflügel und brach entscheidend in der folgenden Stellung durch.
Li,Chao (2757) - Schröder,Jan-Christian (2496)
GRENKE Chess Open 2016, 25.03.2016
Stellung nach 24...Tb8:
Schwarz steht kurz davor am Damenflügel durchzubrechen. Dementsprechend muss Weiß am Königsflügel weiter Fortschritte erzielen. 25.g4! Db6 26.gxf5 Lxf5 Der Zwischenzug 26...cxd4 war vielleicht besser. Nach 27.cxd4 (27.fxe6?! d3! nebst 28...Sc5 gibt Schwarz Gegenspiel.) 27...Lxf5 28.Lxf5 Txf5 29.Sfh4 Lxh4 30.Sxh4 bxa4 31.Sxf5 exf5 32.Dg2 Dxb3 33.Tf2 entsteht die gleiche Stellung wie in der Partie nur ohne die c- Bauern. Die Öffnung der 3.Reihe ermöglicht Schwarz den Damenschwenk nach e3, was ihm in machen Varianten den Kopf rettet. Nach 33...Sf8! scheint Schwarz noch mithalten zu können. 27.Lxf5 Txf5 28.Sfh4 Lxh4 29.Sxh4 bxa4 30.Sxf5 exf5 31.Dg2! Weiß kümmert sich nicht mehr um den kaputten Damenflügel, aber matt geht vor. 31...Dxb3 32.Tf2
32...Sb6?! 32...Sf8 war besser, aber nach 33.dxc5! scheinen die am Brett schwierig zu berechnenden Verwicklungen gut zu sein für Weiß. 33.Tg1 Tg8 34.Dg6 Schwarz gab auf, da es gegen den Mattangriff auf der g-Linie keine Verteidigung gibt. 1-0
Chao Li besiegte Jan-Christian Schröder
Neben Chao Li präsentiert sich von den Topfavoriten auch Alexei Shirov in ausgezeichneter Verfassung. Gegen Cemil Can Ali Marandi zeigte der lettische Großmeister seine profunden Kenntnisse der Archangelsker Variante der Spanischen Partie. Der internationale Meister aus der Türkei verwechselte wohl etwas in der Eröffnung und kam böse unter die Räder.
Ali Marandi,Cemil Can (2466) - Shirov,Alexei (2685)
GRENKE Chess Open 2016, 25.03.2016
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 b5 6.Lb3 Lc5 7.c3 d6 8.h3 Lb7 9.d4 Lb6 10.Te1 0-0 11.Lg5 h6 12.Lh4 Te8 13.a4?! Die Hauptzüge lauten 13.d5 und 13.Dd3. Weiß bekommt jetzt direkt Probleme. 13...exd4 14.cxd4
14...g5! Diesen Vorstoß muss Weiß bei seinem 13. Zug unterschätzt haben. 15.axb5 axb5 16.Txa8 Lxa8 17.Lxg5 17.Lg3 Txe4 ist einfach ein Bauer weniger für Weiß. 17...hxg5 18.Sxg5 d5 19.e5 Sxd4! Schwarz nimmt mit einem Zwischenzug noch einen Bauern mit. Das Ding ist im Prinzip gelaufen. 20.La2 20.exf6? Txe1+ 21.Dxe1 Dxf6-+ 20...Sh7 21.Sxh7 Kxh7 22.Dh5+ Die Dame greift alleine an. Das kann nicht gefährlich sein. 22...Kg7 23.Dg4+ Kh6 24.h4 Se6 25.Df3 Dxh4 26.g3 Tg8 27.Kg2 d4 28.Dxa8
28...Sf4+! Das Schlagen auf a8 gewinnt natürlich auch, aber Shirov wäre nicht Shirov, wenn er nicht den Mattangriff bevorzugen würde. 29.Kg1 Txg3+! 30.fxg3 d3+ 31.Kf1 Dh3+ und einen Zug vor dem Matt gab Weiß auf. 0-1
Cemil Can Ali Marandi und Alexei Shirov zu Beginn ihrer Partie
Fünf der acht Spitzenbretter endeten remis, manche davon recht schnell, manche nach sehr umkämpften Verlauf. Eine starke Leistung zeigte Elisabeth Pähtz, die mit Schwarz Etienne Bacrot ein Remis abtrotzte. Eine verrückte Partie erlebten die Kiebitze an Brett fünf. Jonas Lampert und Markus Ragger testeten in einem weit ausanalysierten Abspiel der Najdorf-Variante ihre Theorie- und Rechenkenntnisse. Die Partie wechselte ob des Chaos ständig die Bewertung, bis Lampert die Stellung nach 38 Zügen remis gab. Pech für ihn, er stand kurz davor auf Gewinn.
Lampert,Jonas (2472) - Ragger,Markus (2694)
GRENKE Chess Open 2016, 25.03.2016
Stellung nach 37...Dd7:
38.Kh1? 38.Tg7! Dc8 (38...Lc5+ 39.Kg2 Dxd3 40.Tb8#) 39.Dd4! und die Drohung 40.Db6+ nebst evtl. 41.Td1+ entscheidet. ½-½
Das prominenteste Opfer der Runde lautet Gata Kamsky. Der 41-jährige Amerikaner wählte gegen Bilel Bellahcene die Holländische Verteidigung, doch gegen die seltene Fortsetzung 2.Dd3 fand er kein Gegenmittel.
Nach drei von neun Runden liegen noch 26 Spieler mit weißer Weste an der Spitze. Unter ihnen befinden sich sechs deutsche Spieler. Die deutsche Nr. 1, Georg Meier, gönnte sich ein schnelles Remis und liegt mit 2,5 Punkten im großen Verfolgerfeld.
Die Paarungen der 4. Runde an den Livebrettern lauten:
Alexandre Danin - Chao Li
Alexei Shirov - Falko Bindrich
Alexander Moiseenko - Adiren Demuth
Vladimir Fedoseev - Sasa Martinovic
Dmitry Svetushkin - Ivan Saric
Andreas Heimann - Christian Bauer
Marin Bosiocic - Evgeny Alekseev
Milos Perunovic - Jean-Noel Riff
Live-Radio:
Am Samstag kommentieren wir live die Zeitnotphase der 4. und 5. Runde. Alle Infos können sie in diesem Beitrag nachlesen.